Im Portrait – die wilde Karde

Es funktioniert tatsächlich: mit bestimmten Pflanzen lassen sich gezielt Tiere anlocken. Zurzeit kann man es täglich um den StadtAcker herum beobachten, wie die Stieglitze in kleinen Gruppen die wilden Karden anfliegen, um mit ihren spitzen Schnäbeln die nahrhaften Kerne aus den trockenen Samenstände zu picken. Der Stieglitz wird auch Distelfink genannt, ein Name, der von der engen Beziehung zwischen Tier und Pflanze erzählt. Hat man das Glück, dieses fröhliche Schauspiel zu beobachten, ist man schnell gewillt, die wilde Karde anzupflanzen. Aber wie? Es geht denkbar einfach: Die wilde Karde ist zweijährig, das heißt, sie bildet im ersten Jahr eine Rosette aus, blüht erst im zweiten Jahr und stirbt danach ab. Das Entscheidende: Sie ist angewiesen auf offenen Boden, wo sie sie sich immer wieder neu aussäen kann. Das tut sie ganz von allein, man muss sie nur lassen. In einem Garten gibt es immer offene Flächen, im Rasen nicht. Deshalb haben wir vor zwei Jahren den StadtAcker um eine Fläche für diese Pflanzen erweitert. Außerhalb des Zauns liegt das Beet, in dem der Boden weitgehend offen ist, damit sich Arten wie die wilde Karde entfalten können. Die wilde Karde hat so viele Gute Eigenschaften: absolut Pflegeleicht, muss nie gegossen werden, null anfällig gegen Krankheiten oder Schädlinge, sie bietet abgesehen von den Vögeln während ihrer langen Blütezeit einer Vielzahl von Insekten Nahrung und macht außerdem immer eine gute Figur. Sie muss nicht gestützt werden und im Winter, bei Rauhreif, wird sie zum Kunstwerk. Die Naturheilkunde schreibt ihr Heilwirkungen zu und früher wurde sie als Werkzeug zum Kardieren von Wolle und Pflanzenfasern genutzt. Ob das Verb „kardieren“ von der Karde abstammt oder umgekehrt? Auf jeden Fall gehört sie in unser Netzwerk.