Naturschutz in der Galerie – zur Ausstellung “die schönen Wilden auf unserem Balkon”

Die Teilnehmenden des Projekts „Platz zum Überleben gesucht – Naturschutz auf dem Balkon?“ zeigen ausgewählte Bilder ihrer pflanzlichen Schützlinge. Zu erleben sind farbenfrohe Blüten, neugierige Insekten und anregende Gartengespräche.

Natur, Kultur und Soziales – das sind die großen Themen, die sich der Ackermannbogen e.V. auf die Fahnen schreibt. Man sieht es bereits am Slogan im Logo: Nachbarschaft – Umwelt – Kultur, heißt es da. Dass diese drei Bereiche nicht wie Säulen getrennt nebeneinanderstehen, sondern miteinander in einen Austausch treten und zusammenwirken, sieht man an der Ausstellung, die ab dem 27. November im SchauRaum gezeigt wird.

Zu sehen sind Bilder von Pflanzen, ansprechende Blütenportraits – eigentlich kein außergewöhnliches Sujet für eine Galerie. Das Besondere ist, dass die Bilder ein Projekt dokumentieren, bei dem es um die biologische Vielfalt im Viertel geht. Das Projekt heißt „Platz zum Überleben gesucht – Naturschutz auf dem Balkon?“ und startete im Frühjahr 2024. Rund 60 Nachbar:innen pflanzten auf ihren Balkonen unterschiedliche mehrjährige Pflanzen in Töpfe, die normalerweise in der freien Natur wachsen. Zur Auswahl standen 25 Arten, die alle insektenfreundlich, heimisch und zum Teil sogar selten sind. Ziel ist es, diesen Arten, die eigentlich hier wachsen könnten, einen Überlebensraum zu geben, den sie in der dicht bebauten und aufgeräumten Stadt verloren haben. Das gegenwärtige Artensterben lässt sich mit bepflanzten Balkonen sicher nicht stoppen. Beim Kennenlernen, Pflegen und Beobachten der Pflanzen und beim Austausch über das Erlebte wächst aber die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Diese Beziehung öffnet die Sensibilität für die Problematik des Artensterbens, das nicht nur im fernen Regenwald, sondern auch hier, vor unserer Tür stattfindet. Viele der Arten, die vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden sind, kennen wir nur leider gar nicht. Und wie soll man schützen, was man nicht kennt? Menschen, die in Naturschutzgebieten die Schönheiten der biologischen Vielfalt erlebt haben, sind eher bereit, sich für den Erhalt der Vielfalt und der Lebensräume einzusetzen. Nur gehören die Ausflüge in die Naturparadiese für Stadtbewohner:innen nicht zu den alltäglichen Erfahrungen. Wieso also nicht das Naturerlebnis in die Stadt holen? Direkt in unseren Alltag, auf Balkon oder Terrasse? Oder in die Galerie im SchauRaum?

Die ausgestellten Bilder zeigen, dass die Beziehungsarbeit mit den Pflanzen gut funktioniert. Die Verbindung zur Umwelt entwickelt sich oft über unsere ästhetische Wahrnehmung. Eine farbige Blüte, der überraschende Insektenbesuch spricht das Auge an, löst Interesse und Empathie aus.
Die Freude an der Schönheit mischt sich mit dem wissenschaftlichen Blick. Denn alle Teilnehmenden haben die Aufgabe, die Entwicklung der Pflanzen und speziell den Besuch von Insekten zu dokumentieren. Die TU München begleitet als Projektpartner die ökologische Evaluation. Wer beim Balkonprojekt mitmacht, lernt also auch einiges über die Vielfalt der Insektenwelt und bekommt einen neuen Blick auf den gewohnten Schädlings-Stempel für pflanzenfressende Insekten.

Das Projekt wird im Rahmen des Verbundprojekts BioDivHubs vom Bundesamt für Naturschutz gefördert, dessen Ziel es ist, zusammen mit den Menschen im Viertel Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt in der Stadt umzusetzen. Die Begeisterung für das Thema zu wecken und möglichst die ganze Nachbarschaft zu beteiligen ist dabei der erste Schritt.