Samen für die Zukunft

Mehr als Zehntausend Jahre ist es her, dass Menschen angefangen haben sesshaft zu werden, und sich Wildpflanzen so veränderten, dass unsere Vorfahren sie in Kultur nehmen konnte. Diese neolithische Revolution war der Beginn der langen Geschichte unserer Kulturpflanzen. Für ihre Weiterentwicklung waren Jahrtausende lang primär die Bäuerinnen und Bauern verantwortlich. Sie beobachteten ihre Felder, nahmen Saatgut von den besten Pflanzen und vermehrten es. Sie sorgten für den Erhalt der Sorten und dafür, dass sie sich durch Verkauf und Tausch auch überregional verbreiteten. So ist über die Jahrtausende weltweit eine beeindruckende Vielfalt an Kulturpflanzen entstanden.

Dieses kulturelle Erbe drohen wir zu verspielen seit Saatgut, das früher Gemeingut war, ab dem 20. Jahrhundert zu einer Ware geworden ist, mit der Profit gemacht werden kann. Während sich anfangs noch viele kleine, regional tätige Betriebe um die Saatgut-Vermehrung und Züchtung gekümmert haben, dominieren heute nur noch drei finanzstarke, global agierende Agrochemiekonzerne den Saatgutmarkt. Welche Rolle die Hybrid-Züchtung an dieser Entwicklung hat und wie sich diese besorgniserregende wirtschaftliche Konzentration auf unsere Ernährung, auf die Art der Landwirtschaft und auf die genetische Vielfalt der Nutzpflanzen auswirkt, erklärt Hannelore Schnell bei ihrem Vortrag am 24. Januar.

Sie wird zeigen, dass wir bei der Pflanzenzüchtung Alternativen zur Hybrid-Züchtung brauchen, um fit für die Zukunft zu sein. Es geht dabei um die Entwicklung von Sorten, die sich für eine Landwirtschaft ohne Pestizide und synthetische Dünger eignen und mit denen die Folgen des Klimawandels bewältigt werden können. Fit für die Zukunft heißt auch, dass wir Erhalt und Weiterentwicklung der Nutzpflanzen-Arten und -Sorten als gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe verstehen, die die Ernährungssouveränität garantiert und an der wir uns mit der Förderung samenfester Sorten alle beteiligen können –  sei es beim Kauf von entsprechendem Gemüse oder von samenfestem Saatgut für die urbanen Gärten.

Der Vortrag ist die Vorbereitung für unsere Exkursion am 28. Juni, bei der wir uns auf dem Gelände der Gärtnerei Obergrashof die biologisch-dynamische Züchtung von Gemüse in der Praxis zeigen lassen.

von Hannelore Schnell